Prof. Harald Riedel:
Systemische Didaktik

Modell der Intern-Operationen

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Denken als Komplex intern vollzogener Handlungen bildet die Voraussetzung für alle bewussten Lernprozesse. Unsere Muttersprache liefert uns zwar unterschiedliche Wörter wie “denken”, “er-denken”, “nach-denken”, “vor-denken”, “mit-denken”, “aus-denken” usw., um verschiedene Arten geistigen Tuns anzudeuten, doch sind die genannten Bezeichnungen wenig geeignet, systematisch bestimmte
Denk-Qualitäten zu unterscheiden und zu fördern.
Auch bieten sie keine Grundlage, um planvoll verschiedene
 Schwierigkeits-Stufen des Denkens anzuregen
oder um  Unterricht nicht nur inhaltlich sondern auch hinsichtlich der Denk-Anforderungen differenzieren zu können.

Das Modell der Intern-Operationen wurde eigens dazu entwickelt, diese Aufgaben bewältigen zu helfen.


Das Modell der Intern-Operationen

nimmt eine
zentrale Stellung
im Gesamt-Modell
der Systemischen Didaktik ein.

 

Es ersetzt, definiert und differenziert umgangssprachliche Bezeichnungen für geistige Handlungen, auf deren Grundlage Lernen geschieht.

Für Zwecke des Unterrichtens ist es wichtig, die Unterschiede und Beziehungen zwischen
INTERN - und EXTERN - Operationen
zu durchschauen, die sich hinter dem Begriffspaar “Denken - Tun” verbergen.

Intern-Operationen   sind grundlegend

  • für jede Art von Lernsituation,
  • damit auch für das Verständnis und die Analyse verschiedener Lernprozesse,
  • zur Kennzeichnung von Lern-Zuständen (Unterrichts-Ziele, Operations-Ziele, Anfangs-Zustände und End-Zustände,
  • zur Auswahl von Operations-Objekten,
  • zur Optimierung von Interaktionen.

Das   Modell   hilft,

  • planvoll verschiedene Schwierigkeits-Stufen des Denkens anzuregen,
  • Lernschwierigkeiten sicherer zu erkennen und gezieltere Hilfen einzusetzen,
  • die Lernenden sicherer zur Anwendung des Gelernten zu führen,
  • Unterricht nicht nur inhaltlich sondern auch hinsichtlich der Denk-Anforderungen zu differenzieren,
  • den Begriff der Kreativität genauer zu fassen und entsprechende Fähigkeiten systematisch aufzubauen,
  • Unterricht abwechslungsreicher zu gestalten.

 

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Die folgende Grafik ist ein Klassifikations-Schema für Intern-Operationen.
Sie gibt Auskunft über
Ort,
Qualität,
somit auch über den Schwierigkeitsgrad
der Informationsverarbeitung.

Die einzelnen Intern-Operationen (in den gelben Kästchen) bilden die Spitzen eines durchgehend zweifach verzweigten Baumes.

Dadurch lassen sich auf sehr einfache Weise die Unterschiede aller, besonders aber der benachbarten Intern-Operationen erkennen.

 

InternOperationenBaum2

In der folgenden Tabelle sind die Definitions-Merkmale der jeweiligen Intern-Operationen sowie konkrete Beispiele aufgelistet.

INTERN-OPERATION

Definitions-Merkmale

Beispiele

ERKENNEN

von Rezeptoren stammende Informationen im Bewusstsein
aufnehmen

  • Der Inhalt eines Lesetextes wird "verstanden".
  • Die Abhängigkeit des Ohm'schen Widerstandes von der Länge des Leiters wird festgestellt.
  • Im Musikunterricht wird der Aufbau von Terz und Quart erkannt.

ERINNERN

Gedächtnis-Inhalte
im
Bewusstsein
aufnehmen

  • Bei der Wahrnehmung eines Verkehrszeichens wird die damit als feste Zuordnung gelernte Bedeutung des Zeichens bewusst.
  • Bei der Rechenarbeit erinnert sich der Schüler eines schon früher verwendeten Lösungsweges.
  • Nach einer gestrigen Betriebsbesichtigung tragen Schüler in einem Unterrichtsgespräch einzelne Aussagen von interviewten Arbeitern und Angestellten zusammen.


SPEICHERN


Bewusstseins-Inhalte
im
Gedächtnis
bewahren
 

  • Ein Gedicht wird auswendig gelernt.
  • Ein "gefahrloser" Schulweg wird erst zu Fuß zurückgelegt, dann in eine Bildkarte eingezeichnet, dann mündlich dargestellt , wieder gegangen, aus anderen möglichen herausgesucht und begründet, bis er ins Gedächtnis aufgenommen ist.
  • Ein Verfahren zur Berechnung von Integralen wird gespeichert.


AUSWERTEN
 



mehrere Bewusstseins-Inhalte
 
auf  Identität oder Entsprechung
vergleichen
 

  • Schüler bewerten Zeitereignisse unter Heranziehung von Aussagen des Grundgesetzes zur Gleichberechtigung.
  • Die Eigenschaften verschiedener Synthetikfasern werden verglichen.
  • Lernende finden durch Vergleich verschiedener Geschichtsquellen zur "Kristallnacht" Gemeinsamkeiten der Geschehnisse.
  • ausführliche Beispiele


KONVERGENT
DENKEN

 



Bewusstseins-Inhalte
in Bindung an
ein bestimmtes
Denkmuster
neu verknüpfen
 

  • Im bildnerischen Gestalten soll ein Wald mit verschiedenen Grüntönen unter Verwendung der Farben gelb und blau gemalt werden.
  • Schüler sollen die "Schärfungs-Regel" auf neue Wörter mit einem S-Laut im Wortinneren anwenden.
  • Am Beispiel der Werte 3, 7, 12, 18 , ...wurde das Prinzip einer geometrischen Reihe erkannt. Die Schüler sollen eine andere Reihe auf der Grundlage des Multiplizierens aufstellen.
  • ausführliche Beispiele



DIVERGENT
DENKEN
 



Bewusstseins-Inhalte
(sich von einem bestimmten Denkmuster lösend)
nach
verschiedenen Denkmustern
neu verknüpfen
 

  • Der Lernende soll zu einem vorgegebenen musikalischen Thema möglichst verschiedene Variationen finden.
  • Im Werkunterricht sollen die unterschiedlichsten Anwendungsmöglichkeiten für den Werkstoff Glas erdacht werden.
  • Eine Geschichte wird vorgelesen, kurz vor dem Ende aber abgebrochen. Jeder Schüler soll mindestens drei unterschiedliche Fortsetzungen schreiben.
  • ausführliches Beispiel


ORIGINAL
DENKEN


Bewusstseins-Inhalte
modellfrei und spontan
neu verknüpfen

 

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Die Zusammenhänge und Unterschiede sind  ausführlich in der folgenden PDF-Datei dargestellt:
Modell zur Differenzierung von   Intern-Operationen.

Weitere Literatur

-   H. RIEDEL: Aufbau und Ergebnisse eines Falsifikationsexperiments zur Schwierigkeitsstufung von Internoperationen. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft. 26, 4, 1985 c, S. 163-176 
-   I. BREYER / H. RIEDEL, / A. SIEGMUND: Kontrollexperimente zur Schwierigkeitsstufung zweier Internoperationen.Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft. 27, 2, (1986), S. 61-73
-   I.  BREYER. und H. RIEDEL: Vergleichsuntersuchung zum Schwierigkeitsgrad der Internoperationen “Auswerten” und “Konvergentes Denken”. .Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 27, H. 4, 1986, S.161-176
-   H. RIEDEL: Vorüberlegungen zur Revision des Modells der Internoperationen. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 3, 31, 1990. S. 111-122.
-   H. RIEDEL: Neufassung eines Modells der Internoperationen. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 1, 32, 1991 a, S. 15-28
-   H. RIEDEL: Schwierigkeitsstufung von Internoperationen und unterrichtliche Mängel. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 2, 32, 1991 b, S. 57-68.
-   H. RIEDEL: Zur didaktischen Erezeugbarkeit von Internoperationen. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 3, 32, 1991 c, S. 103-114
-   H. RIEDEL: Das Modell der Internoperationen als Baustein in der Systemischen Didaktik. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 3, 33, 1992 b, S. 113-124
-   H. RIEDEL: Weitere Beiträge des Modells der Internoperationen in der Systemischen Didaktik. Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft 4, 33 1992 c, S. 151-163
-   H. RIEDEL: Ein Modell zur Differenzierung von Intern-Operationen. 20001  - http://bidok.uibk.ac.at/library/riedel-intern.html :

 

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